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Auf die Wirkung kommt es an.

Ändern nachhaltige Geldanlagen die wirtschaftliche Praxis?

09. September 2015

Auf die Wirkung kommt es an.

Ändern nachhaltige Geldanlagen die wirtschaftliche Praxis?

Von Klaus Gabriel

Wer heute sein Geld sozial verantwortlich und ökologisch zukunftsfähig anlegen will, findet – anders als noch vor zehn oder 15 Jahren – zahlreiche Möglichkeiten vor. Unter dem Titel des ethischen oder nachhaltigen Investments bieten nicht nur spezialisierte Ethik-, Nachhaltigkeits- und Kirchenbanken, sondern bereits fast alle Finanzdienstleister entsprechende Produkte an. also alles in Butter? Keineswegs, denn bei genauerer Betrachtung zeigen sich neue Herausforderungen.

Was ist das Ziel der ethischen und nachhaltigen Geldanlage?

Sowohl in der Ethik als auch in der Nachhaltigkeit geht es um Veränderung. Es geht darum, eine konkrete Praxis, einen Sachverhalt oder Zustand, den man als ungerecht, menschenverachtend, umweltzerstörend oder schlicht als nicht wünschenswert erachtet, zu verändern. Dabei ist die Richtung der Veränderung klar vorgegeben: Es geht um ein Mehr an Gerechtigkeit, Menschenwürde und Zukunftsfähigkeit. Veränderungen können sich schlagartig – beispielsweise durch neue rahmen- und Umweltbedingungen oder etwa durch Revolutionen – vollziehen, wobei sich diese Umbrüche im Rückblick häufig als das Ergebnis des Zusammenwirkens verschiedener Einflussfaktoren erweisen. Bei der ethischen und nachhaltigen Geldanlage geht es um eine Veränderung der Verhältnisse, die sich schrittweise vollzieht: Dadurch, dass immer mehr Investoren bei der Anlage ihrer Gelder auf gesellschaftliche, soziale, ökologische und kulturelle Aspekte achten, verändern sie auch die Verhältnisse in der wirtschaftlichen Praxis Schritt für Schritt . Dass das Thema Nachhaltigkeit heute für Wirtschaftsakteure überhaupt relevant und auch in der Finanzwirtschaft angekommen ist, mag einigen als Revolution erscheinen, ist aber eigentlich das Ergebnis eines solchen allmählichen Veränderungsprozesses. Daneben hat das Vermeiden von Reputationsrisiken für viele Investoren eine große Bedeutung. In ausbeuterische oder nicht nachhaltige Wirtschaftspraktiken involviert zu sein, können sich zahlreiche Unternehmen, Stiftungen, Kirchen, Nichtregierungsorganisationen und Spendeneinrichtungen heute schon alleine aus Imagegründen gar nicht mehr leisten. Daher ist ein klassischer Zielkonflikt zu beobachten: mitunter steht der Wunsch, eine tatsächliche Veränderung zu bewirken, gar nicht mehr im Vordergrund. Vielmehr erscheint es als vorrangig, sich gegenüber den eigenen Zielgruppen (Kunden, Mitgliedern, Unterstützern oder der Gesellschaft als Ganzes) ein möglichst vorteilhaftes, ethisch verantwortliches oder nachhaltiges Image zu verpassen.

Image oder Veränderung?

Deshalb erweist es sich als zunehmend wichtig, die konkrete Wirkung von ethischen und nachhaltigen Geldanlagen zu hinterfragen. Geht es nur darum, möglichst nirgends anzuecken und eine schiefe Optik zu vermeiden oder will man mit seinem Investment auch für etwas eintreten und eine Veränderung bewirken? Gerade bei Ethik- und Nachhaltigkeitsfonds lohnt es sich zunehmend, auf die dahinter stehenden Kriterien, Bewertungsmethoden und Engagement-Ansätze zu achten - hier tun sich gewaltige Unterschiede auf. Auch deshalb gehen ethisch und nachhaltig orientierte Investoren mittlerweile neue Wege und legen ihr Geld nicht mehr ausschließlich in konventionellen Bankprodukten an, sondern etwa in Mikrokrediten, in Bürger- und Direktbeteiligungsmodellen oder in Darlehen für Bildungs-, Sozial-, Ökologie- und Erneuerbare Energien-Projekte. Die Bedeutung solcher alternativer Anlagemöglichkeiten besteht vor allem darin, dass die Investition den jeweiligen Projekten und Vorhaben möglichst unmittelbar zukommt und ein direkter Bezug zwischen der Investition und der damit ermöglichten Wirkung existiert. Viele Investoren sehen bei klassischen Finanzprodukten den direkten Bezug von Investition und nachhaltiger Wirkung nicht mehr ausreichend gegeben und befürchten eine Entkoppelung ihrer sozial und ökologisch motivierten Investitionsentscheidung von den konkreten Auswirkungen der Investition bzw. ein Verpuffen der Wirkung in der Gebührenkette der involvierten Akteure. Dazu kommt, dass nun auch die traditi onellen Finanzinstrumente und Anlageformen auf dem Prüfstand stehen. Denn vor dem Hintergrund der aktuellen Finanzkrise und ihrer Auswirkung auf das Leben der Menschen wird deutlich, dass die ethische Verantwortung der Investoren nicht bei der Auswahl thematischer Anlagekriterien endet, sondern dass eine nachhaltige Entwicklung auch die kritische Reflexion der in der Finanzwirtschaft eingesetzten Instrumente und Verfahren bedingt. Sind alle Finanzprodukte und Anlagemöglichkeiten gleich zu bewerten oder erweisen sich einige davon in Bezug auf die Stabilität von Finanzmärkten als problematisch? Wie sind vor diesem Hintergrund zum Beispiel Zertifikate oder Derivate zu bewerten? Darf man in einen Hedgefonds, der einen Nachhaltigkeitsfilter verwendet, investieren oder verbieten die von Hedgefonds ausgehenden systemischen Risiken und die Tatsache, dass sie meist in Steueroasen domiziliert sind, eine Beteiligung von ethisch und nachhaltig orientierten Investoren? Und: Unterstütze ich eine nachhaltige Entwicklung eher dadurch, dass ich als Kunde bei konventionellen Banken mehr Ethik und Nachhaltigkeit einfordere oder dass ich zu ausgewiesenen Ethik- und Nachhaltigkeitsbanken wechsle?

Investoren müssen Verantwortung offenlegen

Beides, sowohl die konkrete Wirkung einer Geldanlage auf Mensch und Umwelt, als auch die systemischen Auswirkungen finanzwirtschaftlicher Prozesse sind aus Ethik- und Nachhaltigkeitssicht relevant. Daneben erlangt die Kommunikation der Investoren über die Art und Weise ihrer Geldanlage eine immer größere Bedeutung. Denn nicht nur Unternehmen und Banken, sondern auch die Investoren selbst müssen offenlegen, wie sie ihrer sozialen und ökologischen Verantwortung nachkommen. Werden überhaupt nachhaltige Anlagekriterien verwendet und wenn ja, welche sind das? Wie wird eine positive Wirkung in Bezug auf gesellschaftliche und ökologische Veränderungen sichergestellt und wie werden beispielsweise die mit dem Besitz von Aktien verfügbaren Stimmrechte zur Beeinflussung der Unternehmenspolitik genutzt? Schließlich gilt, dass eine gelungene Kommunikation über eine verantwortliche Anlagepraxis die Wirkung ethischer Geldanlagen erhöht – frei nach dem Motto: Tue Gutes und rede darüber. Dass nahezu jeder Finanzdienstleister Ethik- und Nachhaltigkeitsprodukte anbietet und dass ein Großteil der börsennotierten Unternehmen in ihren Geschäftsberichten auf Ethik- und Nachhaltigkeitsthemen eingeht, ist ein großer Fortschritt . Ethische und nachhaltige Geldanlagen sind aus der Nische getreten und erfreuen sich zunehmender Beliebtheit. Jetzt kommt es darauf an, die nächsten Schritte zu setzen und sicherzustellen, dass die wachsende Zustimmung auch zu den gewünschten und notwendigen Veränderungen in unserer gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Realität führt. Es kommt eben auf die Wirkung an.

Original-Artikel erschienen in forum Nachhaltig Wirtschaften

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